Nach drei
Wochen in Griechenland, verspüre ich den Drang all das aufzuschreiben was ich
dort gehört und gesehen habe. Natürlich bin ich hier besonders den deutschen
Medien ausgeliefert, und obwohl das zweifellos einen gewissen Einfluss auf mich
hat, glaube ich trotzdem, dass ich mein Bestes getan habe die Dinge kritisch zu
sehen, und nicht jeden Mist den die Bildzeitung gerade über die Griechen druckt
naiv zu schlucken. Es war ja eigentlich die Wut über die schamlosen Lügen über
die Finanzkrise die uns dazu bewegt hatte diesen Blog zu schreiben. Lasst uns
also dahin zurückkehren, und darüber reden welchen Eindruck Griechenland auf
einen Gast aus Leipzig machte.
Während die
deutschen Medien im Chor Faulheit und Korruption als Ursachen der griechischen
Tragödie ausgemacht haben, haben die griechischen Medien ihrerseits die wahren
Wurzeln der Krise benannt. Die Wut über vergangene und gegenwärtige griechische
Regierungen wird nur durch die Wut auf Deutschland und seine Politiker
übertroffen. Aus mir rätselhaften Gründen, sehen sowohl griechische Fernsehsender
als auch Tageszeitungen Deutschland als Erzschurken Europas, und deshalb auch
als einen der Hauptgründe für die Verarmung der Bevölkerung. Sie ignorieren
dabei dass die Forderungen der Kommission sich von den Deutschen kaum
unterscheiden. Oft haben mich Leute gefragt wo ich her komme, und jedes Mal
drehte sich bereits vor meiner Antwort bei mir der Magen um, wohlwissend welche
Gedanken durch die Köpfe gehen würden, nachdem ich ‚Deutschland‘ gesagt habe.
Ein Taxifahrer brachte es auf den Punkt, als er (humorvoll) antwortete: „Aha,
dann bist du also der Feind!“
Eins der vielen verlassenen Geschäfte in der Innenstadt Nafplios |
Etwas anderes
dass mir aufgefallen ist, war der unterschwellige Nationalismus, den ich als Deutscher
wahrscheinlich besonders bemerkt habe. Die Nationalflagge, die an jeder
Straßenlaterne, jedem Kiosk, und von vielen Balkonen hängt, erinnerte mich an
die amerikanische Welle des Ultrapatriotismus, die wir in Europa so verstörend
fanden. Ich hatte den Eindruck, dass Griechenland im Moment das gleiche Syndrom
durchlebt, denn es ist zu einem Land geworden, wo die griechische Flagge auf
dem Etikett ein Werbemechanismus ist. Ich kann natürlich verstehen warum man in
Krisenzeiten Produkte aus dem eigenen Land kaufen will, aber ich halte es
dennoch für bedenklich an einen Laden zu schreiben: „Wir verkaufen nur
griechische Waren!“ Neben dem Nationalismus stört mich daran aber noch etwas
anderes. Die Idee, dass man durch leicht verändertes Konsumverhalten das Land
aus der Krise führen kann erweckt den Eindruck, dass die Verantwortung für
alles Übel bei den einfachen Griechen liegt die früh in die Bäckerei gehen und Tiropites kaufen. Nein, die
Verantwortung liegt bei denen die seit Beginn der Krise 2009 monatlich 4 Milliarden Euro außer Landes gebracht haben um den Steuern zu entgehen; diese
Menschen verachten ihr Land, und deren Geld hätte so viel zur Lösung der
Situation beitragen können. Verantwortung liegt bei den Banken, die
Griechenland billige Kredite gegeben haben, und bei den korrupten Regierungen.
Die griechische
Krise ist überall mit bloßem Auge sichtbar, besonders in den
Touristenhochburgen. Wir haben in der Hauptstadt von Naxos mit einem
Restaurantbesitzer gesprochen, der uns erzählte, dass seit 2009 jedes Jahr
weniger Touristen auf die Insel kamen, und dass 2012 absolut katastrophal
gewesen sei. Ich sah die einst mit Menschen gefüllte Innenstadt von Piräus
verwahrlost und verlassen. Überall waren Aufkleber mit der Aufschrift ‚ENOIKIAZETAI‘
(zu vermieten), und viele Schaufenster waren zugeklebt oder vernagelt. Als ich
2008 Nafplio besuchte, fand ich eine kleine Stadt voller Leben, während dieses
Jahr weit und breit kein Mensch zu sehen war. Die griechischen Benzinpreise
können inzwischen mit Skandinavien mithalten, und durch die stark gefallenen Löhne,
wurde in wenigen Jahres aus Normalität Luxus.
Ich möchte
diesen Post mit einem Appell beenden: wenn ihr im September noch Last-Minute in
den Urlaub fahren wollt, fahrt nach Griechenland, und helft den Leuten die
Finanzspekulation zum Opfer gefallen sind. Ich kann bestätigen dass Naxos eine
traumhafte Insel ist, mit goldenen Stränden und gastfreundlichen Menschen.
Griechenland lebt auch vom Tourismus, und es gibt tausend gute Gründe seine unzähligen
Inseln zu besuchen. Also auf nach Hellas!
Harald Köpping
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