Anscheinend
erwärmt sich der Erde nicht mehr, und die CO2-Emissionen haben
aufgehört, denn während die Nachrichten sich reichlich ums Geld und politisches
Geplänkel drehen, ist der Begriff ‚Klimawandel‘ quasi nicht mehr zu hören. Wir
sind also zurück in der Ära, wo man sich für den Kauf eines sparsamen Autos
oder erneuerbarer Energie rechtfertigen muss. Ich werde wieder komisch
angeguckt, wenn ich Leuten erkläre, dass ich an der Ampel den Motor abstelle um
Benzin zu sparen, oder wenn ich nicht wenn es grün wird wie ein Wahnsinniger
auf Gaspedal trete, um fünfzig Meter später wieder anzuhalten. Welch seltsames
Verhalten auf einem Planeten der quasi sorglos durchs Anthropozän wandelt.
Leider nicht; der Klimawandel ist so echt wie eh und je, doch alle Welt ist
ruhig. Wieso sollte man auch eine internationale Vereinbarung treffen um den
Treibhausgasausstoß zu senken, während diese Jahr für Jahr unvermindert
ansteigen? Wo liegt eigentlich das Problem an ein paar heißen Tagen für uns
frieernde Mitteleuropäer? Und ist an der ganzen Sache wirklich was dran?
Umfragen belegen zumindest, dass sowohl Deutsche als auch die anderen Europäer
immer skeptischer werden, was den Klimawandel anbelangt – das traurige Resultat
eines Diskurses der durch schlechte Medienberichte und fragwürdige Umweltpolitik
erzeugt wurde. In diesem Post möchte ich mich den Gründen für das Verschwindes
des Klimawandels aus den Nachrichten widmen, aber gleichzeitig auch
hervorheben, dass diese vom Menschen gemachte Umweltkatastophe weiterhin eine
große Bedrohung für das langfristige Überleben der Menschheit auf der Erde
bleibt.
Betroffene Gebiete eines Meeresspiegelanstiegs um 1m |
Für mich ist
es ziemlich offensichtlich warum der deutsche und europäische politische
Diskurs der 2000er Jahre von Umweltsorgen geprägt war: Europa ist eine der
energieabhängigsten Regionen der Erde. Fossile Rohstoffe sind kaum verfügbar,
und der Großteil der europäischen Gas- und Ölverbrauchs wird durch Importe aus
Russland und dem nahen Osten gedeckt. Europas Verwundbarkeit bei
Preisschwankungen, machte die Erzählung vom Klimawandel zu einem wichtigen Teil
erfolgreicher Energie- und Umweltpolitik. Nur durch den Klimadiskurs konnten
Megainvestitionen in die deutsche Energieinfrastruktur gerechtfertigt werden,
besonders wenn man darauf achten muss zwar unabhängiger zu werden, aber
gleichzeitig seine Nachbarn nicht allzusehr zu ärgern. Es ist schwierig, wenn
nicht sogar unmöglich zu sagen, ob die Diskussion über den Klimawandel
absichtlich begonnen wurde, um den Trend zur Energieunabhängigkeit zu rechtfertigen,
aber man kann mit Sicherheit sagen dass er nicht geschadet hat. In Deutschland war
der Klimadiskurs nach Fukushima nicht mehr nötig, denn die Öffentlichkeit
vertrat die Regierungsposition zum Atomausstieg mit breiter Mehrheit, trotz der
massiven Landschaftseingriffe die uns dadurch bevorstehen würden. Abertausende
Windenergieanlagen werden zur Zeit gebaut, und gewaltige Hochspannungsleitungen
werden braucht um Strom durch den Kontinent zu transportieren. Dieser Argument
liefert allerdings nur eine partielle und regional beschränkte Erklärung für
das Verschwinden des Klimadiskurses, welches ja nicht nur in Deutschland stattgefunden
hat.
Ein weiterer
wichtiger Grund ist die veränderte öffentliche Meinung, denn immer weniger
Menschen unterstützen eine gegen Klimaveränderungen ausgerichtete
Umweltpolitik. Es ist in der Tat richtig dass Umfragen diesen Trend für ganz
Europa bestätigen, allerdings wird oft eine einseitige Erklärung dafür
angebracht. Journalisten zitieren demnach des Öfteren den ‚Climategate‘-Skandal
und die Wirtschaftskrise als mögliche Erklärungen, und wohlmöglich steckt eine Menge
Wahrheit in dieser Interpretation. Der IPCC-Bericht von 2009 zeigte, dass
tatsächlich Interesse an bestimmten ‚wissenschaftlichen‘ Daten bestand. Damit
wurde ein Unternehmen in Frage gestellt, zu dem die Bevölkerung ohnehin schon
skeptisch war. Als Europa zwei Jahre lang harte Winter erlebte, sank der Glaube
an den Klimawandel sogar noch mehr, obwohl diese Verbindung durch Statistiken
schwer nachweisbar ist. Seit 2009 sind die Benzinpreise teilweise um bis zu 50%
angestiegen, und die Menschen haben immer weniger Lust dazu höhere Steuern für
ein Problem zu bezahlen, bei dem sie sich nicht mal sicher sind ob es überhaupt
existiert. Die zeitliche Dimension des Klimawandels ist wohl um einen Faktor zu
hoch um rationales Verhalten zu erzeugen, und wieder einmal stecken wir in
einem Dilemma fest, in dem Einzelne davon überzeugt sind, dass sie sowieso
nichts machen können. Dies alles führt nun dazu, dass die Mehrheit der Europäer
zwar doch irgendwie an den Klimawandel glaubt, sich jedoch nicht dazu im Stande
fühlt irgendetwas dagegen zu unternehmen. Zum Glück ist die Welt in größere
politische Einheiten aufgeteilt, was dieses Koordinationsproblem eigentlich
umgehen müsste, doch die öffentliche Trägheit wird auch von den internationalen
Beziehungen reflektiert, wo China Europa die Schuld gibt, und Europa Amerika,
und wo Amerika sich nicht wirklich darum schert. Also machen wir mal fleißig
weiter und blasen heiter CO2 in die Luft – wir können halt nichts
dagegen machen. Mal sehen was passiert.
Abschmelzen der Arktis deutlich sichtbar |
Ich sage euch
was passiert: in den letzten Paar Tagen hat die arktische Sommereisdecke einen
neuen Tiefpunkt erreicht. Während in den 80er Jahren noch 8 Millionen km² der
Arktis auch im Sommer mit Eis bedeckt waren, sind es im Augenblick nur noch 3.4
Millionen km². Es ist gut möglich, dass noch in diesem Jahrzehnt die arktische
Eisdecke völlig verschwinden wird. Das dunkle Meer reflektiert weniger
Sonnenlicht zurück ins All als Eis, und das Meer heizt sich auf, was wiederum
das langfristige Abschmelzen des Grönlandeises zur Folge haben könnte. Würde
auch diese Eisschicht vollständig schmelzen, stünden wir vor einem
Meeresspiegelanstieg von mehr als sieben Metern. Der Klimawandel hat seine
Relevanz keinesfalls verloren; er vollzieht sich bereits, und Bauern und
Förster in aller Welt haben schon jetzt mit seinen Folgen zu kämpfen. Ich bin
skeptisch, ob ein neues global koordiniertes Klimaregime zu Stande kommen kann,
obwohl dies der beste Weg wäre, um etwas zu erreichen. Europa selbst scheint
allerdings auf dem besten Weg zu sein, seine Klimaziele zu erreichen, trotz des
nicht gerade selbstlosen Motivs. Ich schließe diesen Post mit einer Zeile der Fantastischen Vier: „Gebt uns ruhig die
Schuld, den Rest könnt ihr behalten.“
Harald Köpping
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