Thursday, 20 September 2012

Klimawandel? Da war doch was...


Anscheinend erwärmt sich der Erde nicht mehr, und die CO2-Emissionen haben aufgehört, denn während die Nachrichten sich reichlich ums Geld und politisches Geplänkel drehen, ist der Begriff ‚Klimawandel‘ quasi nicht mehr zu hören. Wir sind also zurück in der Ära, wo man sich für den Kauf eines sparsamen Autos oder erneuerbarer Energie rechtfertigen muss. Ich werde wieder komisch angeguckt, wenn ich Leuten erkläre, dass ich an der Ampel den Motor abstelle um Benzin zu sparen, oder wenn ich nicht wenn es grün wird wie ein Wahnsinniger auf Gaspedal trete, um fünfzig Meter später wieder anzuhalten. Welch seltsames Verhalten auf einem Planeten der quasi sorglos durchs Anthropozän wandelt. Leider nicht; der Klimawandel ist so echt wie eh und je, doch alle Welt ist ruhig. Wieso sollte man auch eine internationale Vereinbarung treffen um den Treibhausgasausstoß zu senken, während diese Jahr für Jahr unvermindert ansteigen? Wo liegt eigentlich das Problem an ein paar heißen Tagen für uns frieernde Mitteleuropäer? Und ist an der ganzen Sache wirklich was dran? Umfragen belegen zumindest, dass sowohl Deutsche als auch die anderen Europäer immer skeptischer werden, was den Klimawandel anbelangt – das traurige Resultat eines Diskurses der durch schlechte Medienberichte und fragwürdige Umweltpolitik erzeugt wurde. In diesem Post möchte ich mich den Gründen für das Verschwindes des Klimawandels aus den Nachrichten widmen, aber gleichzeitig auch hervorheben, dass diese vom Menschen gemachte Umweltkatastophe weiterhin eine große Bedrohung für das langfristige Überleben der Menschheit auf der Erde bleibt.

Betroffene Gebiete eines Meeresspiegelanstiegs um 1m
Für mich ist es ziemlich offensichtlich warum der deutsche und europäische politische Diskurs der 2000er Jahre von Umweltsorgen geprägt war: Europa ist eine der energieabhängigsten Regionen der Erde. Fossile Rohstoffe sind kaum verfügbar, und der Großteil der europäischen Gas- und Ölverbrauchs wird durch Importe aus Russland und dem nahen Osten gedeckt. Europas Verwundbarkeit bei Preisschwankungen, machte die Erzählung vom Klimawandel zu einem wichtigen Teil erfolgreicher Energie- und Umweltpolitik. Nur durch den Klimadiskurs konnten Megainvestitionen in die deutsche Energieinfrastruktur gerechtfertigt werden, besonders wenn man darauf achten muss zwar unabhängiger zu werden, aber gleichzeitig seine Nachbarn nicht allzusehr zu ärgern. Es ist schwierig, wenn nicht sogar unmöglich zu sagen, ob die Diskussion über den Klimawandel absichtlich begonnen wurde, um den Trend zur Energieunabhängigkeit zu rechtfertigen, aber man kann mit Sicherheit sagen dass er nicht geschadet hat. In Deutschland war der Klimadiskurs nach Fukushima nicht mehr nötig, denn die Öffentlichkeit vertrat die Regierungsposition zum Atomausstieg mit breiter Mehrheit, trotz der massiven Landschaftseingriffe die uns dadurch bevorstehen würden. Abertausende Windenergieanlagen werden zur Zeit gebaut, und gewaltige Hochspannungsleitungen werden braucht um Strom durch den Kontinent zu transportieren. Dieser Argument liefert allerdings nur eine partielle und regional beschränkte Erklärung für das Verschwinden des Klimadiskurses, welches ja nicht nur in Deutschland stattgefunden hat.

Ein weiterer wichtiger Grund ist die veränderte öffentliche Meinung, denn immer weniger Menschen unterstützen eine gegen Klimaveränderungen ausgerichtete Umweltpolitik. Es ist in der Tat richtig dass Umfragen diesen Trend für ganz Europa bestätigen, allerdings wird oft eine einseitige Erklärung dafür angebracht. Journalisten zitieren demnach des Öfteren den ‚Climategate‘-Skandal und die Wirtschaftskrise als mögliche Erklärungen, und wohlmöglich steckt eine Menge Wahrheit in dieser Interpretation. Der IPCC-Bericht von 2009 zeigte, dass tatsächlich Interesse an bestimmten ‚wissenschaftlichen‘ Daten bestand. Damit wurde ein Unternehmen in Frage gestellt, zu dem die Bevölkerung ohnehin schon skeptisch war. Als Europa zwei Jahre lang harte Winter erlebte, sank der Glaube an den Klimawandel sogar noch mehr, obwohl diese Verbindung durch Statistiken schwer nachweisbar ist. Seit 2009 sind die Benzinpreise teilweise um bis zu 50% angestiegen, und die Menschen haben immer weniger Lust dazu höhere Steuern für ein Problem zu bezahlen, bei dem sie sich nicht mal sicher sind ob es überhaupt existiert. Die zeitliche Dimension des Klimawandels ist wohl um einen Faktor zu hoch um rationales Verhalten zu erzeugen, und wieder einmal stecken wir in einem Dilemma fest, in dem Einzelne davon überzeugt sind, dass sie sowieso nichts machen können. Dies alles führt nun dazu, dass die Mehrheit der Europäer zwar doch irgendwie an den Klimawandel glaubt, sich jedoch nicht dazu im Stande fühlt irgendetwas dagegen zu unternehmen. Zum Glück ist die Welt in größere politische Einheiten aufgeteilt, was dieses Koordinationsproblem eigentlich umgehen müsste, doch die öffentliche Trägheit wird auch von den internationalen Beziehungen reflektiert, wo China Europa die Schuld gibt, und Europa Amerika, und wo Amerika sich nicht wirklich darum schert. Also machen wir mal fleißig weiter und blasen heiter CO2 in die Luft – wir können halt nichts dagegen machen. Mal sehen was passiert.

Abschmelzen der Arktis deutlich sichtbar
Ich sage euch was passiert: in den letzten Paar Tagen hat die arktische Sommereisdecke einen neuen Tiefpunkt erreicht. Während in den 80er Jahren noch 8 Millionen km² der Arktis auch im Sommer mit Eis bedeckt waren, sind es im Augenblick nur noch 3.4 Millionen km². Es ist gut möglich, dass noch in diesem Jahrzehnt die arktische Eisdecke völlig verschwinden wird. Das dunkle Meer reflektiert weniger Sonnenlicht zurück ins All als Eis, und das Meer heizt sich auf, was wiederum das langfristige Abschmelzen des Grönlandeises zur Folge haben könnte. Würde auch diese Eisschicht vollständig schmelzen, stünden wir vor einem Meeresspiegelanstieg von mehr als sieben Metern. Der Klimawandel hat seine Relevanz keinesfalls verloren; er vollzieht sich bereits, und Bauern und Förster in aller Welt haben schon jetzt mit seinen Folgen zu kämpfen. Ich bin skeptisch, ob ein neues global koordiniertes Klimaregime zu Stande kommen kann, obwohl dies der beste Weg wäre, um etwas zu erreichen. Europa selbst scheint allerdings auf dem besten Weg zu sein, seine Klimaziele zu erreichen, trotz des nicht gerade selbstlosen Motivs. Ich schließe diesen Post mit einer Zeile der Fantastischen Vier: „Gebt uns ruhig die Schuld, den Rest könnt ihr behalten.“

Harald Köpping


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