Wednesday 3 July 2013

Asyl für Snowden in Europa?

Edward Snowdens Offenbarungen über ein weitreichendes amerikanisches Spionageprogramm haben in ganz Europa für Schock und Empörung gesorgt. Millarden europäischer SMS, Telefonate und Emails wurden systematisch vom US-Geheimdienst überwacht, und die diplomatischen Vertretungen der EU in Washington und New York wurden verwanzt und abgehört. Die Frage, ob die EU in der internationalen Politik eine Rolle spielt oder nicht, ist beantwortet.

Edward Snowden
In den letzten Tagen gingen Schlagzeilen über Snowdens Asylanträge in mehreren europäischen Ländern durch die Presse. Manche meinten, man solle Snowden Asyl bei uns gewähren,  damit die Russen den Skandal nicht weiter instrumentalisieren können. Europe hätte damit die Chance, jemanden zu belohnen, der uns einen großen Dienst erwiesen hat. Außerdem könne man Russland damit eins auswischen, da Putin es schwer hätte, Snowden weiterhin auf russischem Territorium zu behalten. Ich jedoch glaube, dass Europa einen schweren Fehler begehen würde, wenn Snowden hier Asyl bekäme, und das aus zwei Gründen:

Zunächst würde Europa mit zweierlei Maß messen, wenn man Snowden Asyl anböte. Wäre nicht Europa sondern China in den Skandal verwickelt, würde uns die ganze Sache dann überhaupt interessieren? Niemand würde das Wort Asyl auf nur in den Mund nehmen, und vielleicht wäre Europa sogar froh über die amerikanische Spionagepolitik. Wenn Snowden hier Asyl bekäme, hätten im Grunde alle Amerikaner, die wegen Verrats gesucht werden das Recht, in Europa unterzukommen.

Zweitens nervt mich die mediale Verwendung der Wortes ‚Asyl‘. Laut Genferflüchtlingskonvention hat das Recht auf Asyl wer

„aus der begründeten Furcht vor Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will; oder der sich als staatenlos infolge solcher Ereignisse außerhalb des Landes befindet, in welchem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, und nicht dorthin zurückkehren kann oder wegen der erwähnten Befürchtungen nicht dorthin zurückkehren will.“

Die USA sind eine Demokratie mit einer der längsten demokratischen Traditionen und einer der besten Verfassungen der Welt. Es wird dort keine Gruppe systematisch verfolgt, und die USA sind mit Sicherheit kein totalitärer Staat. Edward Snowden hat freiwillig für eine Einrichtung gearbeitet, deren Aufgabe es ist, Geheimnisse zu hüten. Er wusste genau, dass er als Verräter gelten würde, wenn er diese Geheimnisse verrät – eine ganz normale Sache in wohl allen Staaten dieser Welt. Snowden leidet nicht unter politischer oder religiöser Verfolgung, und ihm Asyl zu gewähren würde nicht nur gegen die Genfer Flüchtlingskonvention verstoßen, sondern es wäre auch eine Beleidigung für all jene Flüchtlinge die wirklich hilfe und Schutz benötigen.

Trotzdem sollte man die Beziehungen zwischen den USA und Europa überdenken. Während die kulturellen, wirtschaftlichen und geostrategischen Gemeinsamkeiten der beiden nicht zu leugnen sind, muss es auch Grenzen geben. Gegenseitige Spionage stellt eine solche Grenze dar, die nicht überschritten werden darf. Die Europäische Kommission verhandelt gerade mit den USA über die Errichtung der größten Freihandelszone der Welt. Obwohl dies eindeutig dazu dient die hegemoniale Position Europas und Amerikas in der Weltwirtschaft zu vertiefen, können beide Parteien von einem solchen Abkommen nur profitieren. Europa muss Druck auf die USA ausüben: bis Obama die Vorwürfe nicht öffentlich anspricht und aufklärt, dürfen die Verhandlungen nicht fortgesetzt werden. Die USA müssen sich bei ihrem engsten Verbündeten entschuldigen, und wir brauchen eine Übereinkunft die gegenseitige Spionage verbietet.


Ich persönlich mag Snowden nicht besonders. Zuerst verrät er sein Land, veröffentlicht dann geheime Informationen im Namen der Transparenz, fliegt ins semiautoritäre Russland, und stört sich auch nicht daran, dass die russische Regierung sich das zu nutze macht (denkt da noch jemand an Depardieu?). Snowden darf kein Asyl in Europa erhalten.

Harald Köpping

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