Monday 2 July 2012

Die Wurzeln der Krise


Nachdem ich gestern an der Uni Leipzig einen Vortrag von Professor Heiner Flassbeck gehört habe, dachte ich dass ich gern einige Gedanken mit euch teilen wollte. Brielers zentrale These war dass Deutschland einen Großteil der Schuld an der Krise trägt, die derzeit Europa zermürbt. Eine Wirtschaft die sich über ihre qualitativ hochwertigen und doch billigen Produkte mit Selbstlob überschüttet, aber gleichzeitig von ihren südlichen Nachbarn erwartet, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern, brauch sich nicht zu wundern, wenn diese Erwartungen nicht im Geringsten erfüllt werden, was man mit einfacher Logik belegen kann. Deutschland hat bei weitem den absolut größten Exportüberschuss Europas, und der Wert seiner Exporte übersteigt den aller Länder außer Chinas – ein Land dass über 15 Mal größer ist. Brieler hat mit überzeugender Klarheit argumentiert, dass wenn ein Land seine Wirtschaft so betreibt, es auch Länder geben muss, die ihm seine Produkte abkaufen. Dies ist der Fall, nicht nur weil in einem geschlossenen System, wie der Erde, die Summe aller Werte null betragen muss, sondern auch weil die Niedriglohnpolitik, die in Deutschland von mehreren sowohl roten als auch schwarzen Regierungen betrieben wurde, die letzten Reste eines deutschen Binnenmarkes ruiniert hat. Vielleicht produzieren wir billig, aber die niedrigen Löhne die dazu nötig sind, verweigern der Bevölkerung die Möglichkeit diese Produkte auch zu kaufen, was dazu führt dass die Binnennachfrage verkümmert ist, während die Außennachfrage in die Höhe geschossen ist. Deutschlands Kunden leben im Süden Europas, doch statt deren Wirtschaft anzukurbeln um den Erfolg der Währungsunion sicherzustellen, hat Deutschland seine Reallöhne immer weiter gesenkt. Deutschland hat seine eigenen Kunden niederkonkurriert! Dies wäre natürlich zu unserem Vorteil, wenn diese Kunden keine ganzen Länder wären. In der Geschäftswelt führt der Verfall einer Firma zum Aufschwung einer Anderen. Bei Staaten allerdings, funktioniert dieser Prozess nicht. Wer wird denn Griechenland, Portugal, Spain oder auch Frankreich ersetzen können? Mit Sicherheit werden keine neuen Länder im Süden Europas entstehen, die deren Platz einnehmen.

Öffentliche Kenntnisse über diese leicht zu verstehenden Konzepte würde immens zum Verdunsten der Vorurteile beitragen, die begonnen haben die Zukunft des europäischen Projekts zu untergraben. Die Boulevardpresse ist gefüllt mit stereotypischen Artikeln über die griechischen Faulenzer und die deutschen Nazis. Wenn primitivste ökonomische Konzepte von der Öffentlichkeit richtig verstanden würden, und wenn Politiker und Wirtschaftswissenschaftler einfach auf simple Logik vertrauen würden, wären viele dieser Vorurteile schnell Vergangenheit. Was sich zeigen würde, ist die Realität eines Kontinents, der einem kapitalistischen System ausgesetzt ist, das aufgehört hat zu funktionieren, und das nichts aus dem Beben der internationalen Finanzkrise gelernt hat. Deutschland, der Wirtschaftsriese, muss die Löhne seiner eigenen Bevölkerung erhöhen, um die Binnennachfrage anzukurbeln. Vielleicht liegt ein Quäntchen Wahrheit in der Idee, dass der Süden über seine Verhältnisse gelebt hat, da die Löhne hoch waren, während die Produktivität niedrig blieb (Löhne und Renten zu senken, ist dennoch das letzte das man tun sollte, aber dazu vielleicht ein anderes Mal). Nichtsdestotrotz ist es noch augenscheinlicher wie sehr Deutschland, mit seiner hohen Produktivität und seinen niedrigen Löhnen, eigentlich unter seinen Verhältnissen gelebt hat.

Harald Köpping

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