Während die Nachrichten sich häufen, dass
Griechenlands Staatsbankrott nicht mehr abzuwenden ist, und während der Wert
des Euros mal wieder ein neues Zweijahrestief erreicht, müssen wir uns
besinnen, und an die guten, alten Zeiten denken, vor der Eurokrise, als man
sich in Großbritannien mit €10 noch fast £10 kaufen konnte, und als der Euro
noch als neue Leitwährung gehandelt wurde. Das war unfähr zum Jahreswechsel
2008/09, und Europa war zwar tief in die Rezession gerutscht, handelte aber
entschieden, und stellte 2009 den Banken ein Beihilfevolumen von insgesamt €3,63
Billionen zur Verfügung. Kurz darauf begann es in Griechenland zu brennen. Es
wurde ein Mythos verbreitet, dass die Eurokrise und die Finanzkrise zwei
unterschiedliche Krisen sind, die miteinander nichts zu tun haben, und das
abermals zu dem Zweck, die Banken und das Wirtschaftssystem selbst von
jeglicher Schuld zu befreien. Wenn man angibt, die desolate Lage der
südeuropäischen Staatshaushälter ist allein Korruption und Trickserei
verschuldet, sind die Banken aus dem Schneider, und Kern-Europa kann sich
weiter auf Exporteinnahmen verlassen – zumindest eine Weile.
Staatsverschuldung Griechenland |
Empirisch sieht das ganz anders aus. Während sich
die Staatsverschuldung Griechenlands von 2002 bis 2008 konstant bei etwa 100%
des Bruttoinlandsprodukts hielt, schnellte sie seitdem auf 170%. Griechenland hatte bis 2007 Wachstum von 3,5-4,0%, und erst mit der von der Finanzkrise
ausgelösten und bis heute andauernden Rezession schossen die Schulden nach
oben; oberdrein musste Griechenland selbst seine Banken mit Milliarden
unterstützen. Der zweite Kandidat für den EU-Rettungsschirm war bekanntlich
Irland, das Land mit dem größten Wachstum der EU, dem Paradebeispiel für einen
Aufschwung dank europäischer Integration. Besonders dort war die desaströse
Haushaltslage und die tiefe Rezession der Verstaatlichung irischer Banken
verschuldet, für deren dekadenten Praktiken der irische Staat schließlich
haften musste. Spanien bildet hier natürlich keine Ausnahme, dessen
Bankensektor sich von der Finanzkrise noch immer nicht erholt hat, wie unlängst
durch das EU/IMF-Rettungspaket für die spanischen Banken zu sehen war. Es
besteht kein Zweifel am unmittelbaren Zusammenhang zwischen Eurokrise und
Finanzkrise, dennoch wird so getan, als wären die wahren Übertäter nicht die
Banken, sondern die faulen Südeuropäer die früh bis um elf schlafen während der
deutsche Steuerzahler für Europa schuftet. Leider geht diese oberflächliche Analyse
weit an der Realität vorbei.
Die Krise, die in Europa und der Welt herumspukt,
ist nichts Anderes als eine systemische Krise des Kapitalismus und seiner
Institutionen. Wie im letzten Post beschrieben, ist selbst das Fundament
unserer wirtschaftlichen Strukturen ewiglich krisenanfällig, und wir dürfen
nicht mehr länger so tun als wären die Griechen oder die Deutschen Schuld an
aller Misere. Großbritannien weigert sich eine Finanztransaktionssteuer
einzuführen unter das Annahme, dass der Finanzsektor wenig mit der weltweiten
Schuldenkrise zu tun hat. Das Erkennen des Zusammenhanges zwischen Euro- und
Finanzkrise würde letztendlich also auch dazu beitragen, ein zügelloses
Bankensystem zu bändigen – die Regulierung der Banken ist ein Eckstein zur
Bekämpfung der Krise, für die bisher hauptsächlich jene Opfer bringen mussten
die daran unschuldig sind. Theorien als Mythen zu entlarven die dazu beitragen
Zusammenhänge zu verklären und zu vernebeln ist eine wichtige Aufgabe der
Bloggergemeinschaft, wenn sie dazu beitragen will, weiteren Schaden abzuwenden.
Harald Köpping
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