Nachdem ich gestern an der Uni Leipzig einen Vortrag von
Professor Heiner Flassbeck gehört habe, dachte ich dass ich gern einige Gedanken
mit euch teilen wollte. Brielers zentrale These war dass Deutschland einen
Großteil der Schuld an der Krise trägt, die derzeit Europa zermürbt. Eine
Wirtschaft die sich über ihre qualitativ hochwertigen und doch billigen
Produkte mit Selbstlob überschüttet, aber gleichzeitig von ihren südlichen
Nachbarn erwartet, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern, brauch sich nicht zu
wundern, wenn diese Erwartungen nicht im Geringsten erfüllt werden, was man mit
einfacher Logik belegen kann. Deutschland hat bei weitem den absolut größten
Exportüberschuss Europas, und der Wert seiner Exporte übersteigt den aller
Länder außer Chinas – ein Land dass über 15 Mal größer ist. Brieler hat mit
überzeugender Klarheit argumentiert, dass wenn ein Land seine Wirtschaft so
betreibt, es auch Länder geben muss, die ihm seine Produkte abkaufen. Dies ist
der Fall, nicht nur weil in einem geschlossenen System, wie der Erde, die Summe
aller Werte null betragen muss, sondern auch weil die Niedriglohnpolitik, die
in Deutschland von mehreren sowohl roten als auch schwarzen Regierungen
betrieben wurde, die letzten Reste eines deutschen Binnenmarkes ruiniert hat.
Vielleicht produzieren wir billig, aber die niedrigen Löhne die dazu nötig
sind, verweigern der Bevölkerung die Möglichkeit diese Produkte auch zu kaufen,
was dazu führt dass die Binnennachfrage verkümmert ist, während die
Außennachfrage in die Höhe geschossen ist. Deutschlands Kunden leben im Süden
Europas, doch statt deren Wirtschaft anzukurbeln um den Erfolg der
Währungsunion sicherzustellen, hat Deutschland seine Reallöhne immer weiter
gesenkt. Deutschland hat seine eigenen Kunden niederkonkurriert! Dies wäre
natürlich zu unserem Vorteil, wenn diese Kunden keine ganzen Länder wären. In
der Geschäftswelt führt der Verfall einer Firma zum Aufschwung einer Anderen. Bei
Staaten allerdings, funktioniert dieser Prozess nicht. Wer wird denn
Griechenland, Portugal, Spain oder auch Frankreich ersetzen können? Mit
Sicherheit werden keine neuen Länder im Süden Europas entstehen, die deren
Platz einnehmen.
Öffentliche Kenntnisse über diese leicht zu verstehenden
Konzepte würde immens zum Verdunsten der Vorurteile beitragen, die begonnen
haben die Zukunft des europäischen Projekts zu untergraben. Die Boulevardpresse
ist gefüllt mit stereotypischen Artikeln über die griechischen Faulenzer und
die deutschen Nazis. Wenn primitivste ökonomische Konzepte von der
Öffentlichkeit richtig verstanden würden, und wenn Politiker und
Wirtschaftswissenschaftler einfach auf simple Logik vertrauen würden, wären
viele dieser Vorurteile schnell Vergangenheit. Was sich zeigen würde, ist die
Realität eines Kontinents, der einem kapitalistischen System ausgesetzt ist,
das aufgehört hat zu funktionieren, und das nichts aus dem Beben der
internationalen Finanzkrise gelernt hat. Deutschland, der Wirtschaftsriese,
muss die Löhne seiner eigenen Bevölkerung erhöhen, um die Binnennachfrage
anzukurbeln. Vielleicht liegt ein Quäntchen Wahrheit in der Idee, dass der
Süden über seine Verhältnisse gelebt hat, da die Löhne hoch waren, während die
Produktivität niedrig blieb (Löhne und Renten zu senken, ist dennoch das letzte
das man tun sollte, aber dazu vielleicht ein anderes Mal). Nichtsdestotrotz ist
es noch augenscheinlicher wie sehr Deutschland, mit seiner hohen Produktivität
und seinen niedrigen Löhnen, eigentlich unter
seinen Verhältnissen gelebt hat.
Harald Köpping
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